Gastbeitrag von Lajos Péter Bulkai

Vorwort:

Liebe Modellbahn-Kolleginnen und Kollegen,

mein fünfjähriger Enkel hat es zu Beginn sofort kritisiert: die haben ja gar keine Augen! Auch mich haben die leeren Gesichter der Figuren auf meiner Modellbahn gestört, selbst hochpreisige Exemplare kamen mit ausdruckslosen Köpfen daher, fleischfarben, sonst nichts. Viele Tipps halfen mir dann weiter: heute betupfe ich die 1:87-Menschen einfach mit einer hochverdünnten braun-schwarzen Brühe. In den tiefen Stellen, Augenhöhlen, Kleiderfalten usw. bleiben Pigmente zurück - manchmal klappt´s und es sieht gut aus, manchmal aber führt das auch zu nichts und es gibt einen 2. Durchlauf. Auf jeden Fall sind Figuren mit dunklen Tönen in den Klamotten und vor allem mit Augen um Klassen besser als die Standard-Pipels.


Die Fotografin - ein wichtiger Meilenstein - werden wir unten lesen

Elektrisiert haben mich dann Bilder von Figuren, die unser ungarischer Kollege Lajos Péter Bulkai ins Netz gestellt hat. Da blieb mir glatt die Spucke weg, erst dachte ich: Baugröße 0 oder 1 und ich hatte dann mehrfach Kontakt mit ihm. Nicht jeder wird soviel Mühe und soviel Zeit in seine Figuren stecken wollen, aber ich bin sicher, dass die eine oder andere Technik Einzug bei vielen Modellbahnern halten wird.

Für Dioramen ist diese Art der Figuren-Bemalung ganz bestimmt wichtig. Da Lajos Peter seine Anleitungen und Tipps auf mehrere Threads verteilt hat, habe ich ihn gefragt, ob er das nicht mal zusammenfassen kann, damit auch andere ihre Figuren aufpimpen können. ABER: ich selbst kann da nicht mitmachen, mir fehlt die Katze. Katze? Naja, ihr werdet schon sehen, lassen wir Lajos Péter selbst zu Wort kommen, die Foto-Kommentare sind von mir. Viel Spaß,

euer Kalle



Lajos Péter Bulkai: So bemale ich meine Figuren

Wie hast du die Augen, wie hast du das Gesicht gemalt? Warum sehen die Kleider wie Textilien aus? Ich bekomme immer wieder viele Fragen wie diese, wenn ich Nahaufnahmen meiner Figuren im Maßstab 1:87 poste. Wirklich 1:87? Oder nicht doch ein größerer Maßstab? Auch diese Frage wird mir oft gestellt, das folgende Foto mit einem 10-Cent-Stück konnte alle Zweifler überzeugen:


Und JA, es ist ein Original 10-Cent-Stück!

Ich muss zugeben, dass ich keineswegs ein Alleswisser bin, denn ich versuche mich erst seit einem knappen Jahr an der Bemalung von Finescale-Figuren. Genauer: seit ich im Internet die Figuren von Ian Fainges, Geke van Petegem oder Jean Cristophe Mary gesehen habe. Sie sind einfach wunderbar! Ich hoffe, dass ich es eines Tages schaffe, sie ähnlich detailliert zu malen.


Der Schäfer - Schnurrbarthaare, Augenkontur, Hundefell und Hosen in Nass-in-Nas-Technik

Ich kann nur darüber schreiben, was ich selbst versucht habe und ich würde mich freuen, wenn auch andere ihre Erfahrungen auf diesem Gebiet teilen könnten. Ich habe mit der Bemalung von unbemalten PREISER-Figuren begonnen, weil ich hauptsächlich ihre Kleidung ändern wollte. Obwohl die Preiser-Figuren zu den qualitativ besseren Fabrikprodukten gehören (die spritzgegossenen Figuren sind in der Tat die detailliertesten), gefiel mir die eintönige Farbe der werkseitig bemalten Figuren nicht. Also habe ich experimentiert und gelernt, aus Ölfarbe, Terpentinöl und Verdünner ein Pigment Wash herzustellen, um Taschen und Falten auf der Kleidung zu akzentuieren, und vor allem mit Drybrush, um den Hosen und Jacken der Arbeiter einen gewissen Textileffekt zu verleihen.


Ein Mann wie Du und ich...

Ich habe viel gelesen und auf Modellbauseiten zu diesem Thema nachgeschaut, aber die meisten Figurenmaler arbeiten in Maßstäben größer als 1:87, so dass ihre Methoden nicht direkt auf meinen - relativ kleinen - Maßstab übertragbar sind. Die Figur auf dem Bild unten habe ich sogar neu eingekleidet, sie lag ursprünglich auf einer Sonnenbank-Liege, ich habe einen Stuhl unter dem Gesäß und eine Zeitung in der Hand aus dünnen Plastikfolien gemacht.

Als ich mit den Kleidern mehr oder weniger zufrieden war, begann ich, mich um die Gesichter zu kümmern. Mein erster Versuch, die Gesichter auszuarbeiten, war diese Fotografin. Schon zu Beginn der Arbeit hatte ich das Problem, dass ich lange Zeit damit verbringen musste, die PREISERs zu sortieren, um ein Gesicht zu finden, das für das Kameramakro akzeptabel proportioniert war. Denn bei 4-5-facher Vergrößerung haben die meisten der präziseren Spritzgussfiguren so verzerrte Gesichter wie der Turmwächter von Notre-Dame. Aus der Ferne und im richtigen Winkel betrachtet, ist eine Preiser-Figur in Ordnung, aber aus der Nähe fotografiert (im Makro-Modus), gibt es viele Probleme mit den anatomischen Proportionen. Die Führung des Spritzgusswerkzeugs verläuft nicht immer symmetrisch über die Gesichter der Figuren, was unweigerlich zu Verformungen im Gesicht führt.


Mit dieser Dame nahm alles seinen Anfang

Figuren aus dem richtigen 3D-Drucker mit den richtigen Einstellungen sind heute viel detaillierter und anatomisch besser proportioniert als die meisten Spritzgussfiguren. Das Gesicht dieser Figur ist relativ gut gelungen, so dass ich es ausprobieren konnte, eine Lippenkontur und einen Wimpernkranz mit einem 000er-Pinsel zu malen (die Lippenkontur war nach mehreren Versuchen fertig, aber es fühlt sich an, als würde man einen Rembrandt mit einem Anstreicher-Pinsel malen).


Detaillierter 3-D-Druck - frisch aus dem Drucker

Die Grundierung: Die meisten Modellbauer begnügen sich damit, Gesicht und Körper in einem festen "Hautton" zu malen, und insbesondere bei gedruckten Figuren verlassen sie sich darauf, dass die Detailgenauigkeit des 3D-Prozesses den Mangel an Details und die Schattierung der Oberfläche den Mangel an sichtbarer Haut ausgleicht. Aus diesem Grund ist selbst für die meisten professionellen Figurenmaler das Gesicht eine "Maske", die Haut erscheint zu homogen und monochrom. Sowohl bei PREISER-Figuren als auch bei 3D-gedruckten Figuren hilft ein Verfahren namens Preshading, um das Gesamtbild realistischer zu gestalten.

Dabei wird die Figur zunächst mit einer dunkelbraunen Grundfarbe besprüht, auf die dann ein überverdünnter, matter Hautton aufgetragen wird, am besten in möglichst vielen Schichten, so dass das Braun in den tieferen Bereichen sehr, sehr leicht durchscheinend ist. Die konkaven Teile der Figuren sind selbst aus dieser Entfernung noch deutlich ausgeprägter. Ich habe 10/0- und 20/0-Pinsel (noch dünner als 000) aus dem örtlichen Kunsthandel und fertigte meine eigenen dünneren Schminkwerkzeuge aus Katzenhaaren an (danke an Tódor, unseren Hauskater, für die wertvolle Spende). Das Ergebnis: Die Haar- und Lippenkontur war deutlich besser, und der Wimpernkranz war nicht mehr ein stilisierter Fleck wie bei der vorherigen Fotografin, sondern hatte definitiv die Form einer Linie. Der feine 20/0-Pinsel erlaubt es, die Highlights des Gesichts mit meinen eigenen Farbtönen zu betonen: Ich verwende Revell35 als Hautgrundierung und trage einen helleren Farbton davon mit etwas Weiß gemischt auf die Nasen- und Stirnränder auf, stark verdünnt mit Terpentin, um den ursprünglichen Hautton durchscheinen zu lassen.

Um die Lippenkonturen zu betonen, verwende ich einen dunkleren Farbton derselben Farbe, gemischt mit etwas Eisenoxidrot oder Burgunderrot. Ich halte es für besser, diese Illustration zur Erklärung zu machen, da meine Digitalkamera bei dieser Vergrößerung die Übergänge der subtilen Schattierungen auf den Fotos weniger szenenhaft zeigt als das menschliche Auge. Für die Augenbrauen und Augenkonturen verwende ich 2B-Graphit anstelle von Farbe. Zum Färben der Augenbrauen wird ein richtig präziser "Eyeliner" gebraucht. Ich setze eine möglichst weiche 2B-Spitze in einen hochwertigen 0,3 ROTRING-Stift ein und "spitze" ihn dann auf wasserbasiertem Polierpapier mit 2000er Körnung.


Angespitzter "Eyeliner"

Mit dem Bleistift zeichne ich zuerst den Wimpernkranz vom Augenlid bis zum Jochbein, dann die Augenbrauenlinie, wobei ich das Stirnbein mit einer einzigen dünnen Linie nachzeichne. (vorausgesetzt, es gibt eine Stirnfalte und das Gesicht der Figur ist richtig symmetrisch, was bei einer NOCH/PREISER-Figur fast unmöglich ist). Diese Technik des Graphitzeichnens eignet sich auch hervorragend, um die Konturen kleiner Freihandfiguren, wie z. B. dünne Stoffe auf figurbetonten Kleidern, vor dem Malen zu markieren (mehr dazu später).


Die Schatten bringen auch die großen Körper-Flächen gestandener Männer zum Leben - Umkleide mit Pin-Up-Fotos im Spind

Die spitzengemusterte schwarze Unterwäsche war wieder sehr gut mit dem "geschärften" 0,3 "ROTRING" zu malen, da man die Unterwäsche des Mädchens nur im Kopf hat, bis man sie auf die nackte Haut der kleinen Figur zeichnet. Das Zeichnen der Umrisse mit Bleistift gibt der Hand mehr Sicherheit beim Malen.

Nach der Konturierung wird als erstes die Oberschenkelfixierung des Mädchens angefertigt: Die Strümpfe werden mit zwei sehr unterschiedlichen Verdünnungen derselben schwarzen Farbe angefertigt: Auf der Oberfläche der nylonbespannten Beine wird ein mattes Schwarz, das mit Terpentin auf das Vierfache des Volumens verdünnt wurde, über der körperfarbenen Basis verwendet, nach einigen Tagen der Trocknung. Es wird mit einem 1-up-Pinsel mit möglichst wenigen Strichen auf die gewünschte Oberfläche aufgetragen.

Die Figur wird dann erneut zwei Tage lang getrocknet, damit das Terpentin vollständig verdunsten kann. Der obere Rand der Oberschenkelfixierung wird dann mit einer unverdünnten Version der gleichen Farbe mit einem 0/10-Pinsel in einem einzigen Strich um die Oberfläche des Oberschenkels herum aufgetragen. Als Nächstes werden mit einem 20/0-Pinsel die Ränder des Tangas und des BHs entlang der Konturen der Bleistiftlinie gemalt und schließlich die leeren Stellen mit ungegenständlicher Spitze ausgefüllt. Auf Anraten von Ian Fainges habe ich die Nass-in-Nass-Technik ausprobiert, die sich beim Färben von Hosen sehr bewährt hat. Dabei trage ich die gewählte Farbe (in diesem Fall Blau) in einem dunklen und einem hellen Ton auf die Palette auf und verdünne beide leicht mit einem Verdünner mit geringer Verdunstung (Terpentin für Emaillefarben).

Dann mische ich die beiden Töne auf der Palette teilweise, so dass ein Farbverlauf entsteht (wie auf dem Foto unten zu sehen). Die gemischte Farbe wird zum Mittelton, mit dem ich das Kleidungsstück grob bemale. Bevor die Farbe trocknet, trage ich mit einem 10/0-Pinsel die helleren und dunkleren Farbtöne aus der Palette auf.


Mischpalette fürs Jeans-Bemalen




Soweit Lajos Péter Bulkai...

...und danke für diesen Einblick in die Möglichkeiten der Figuren-Bemalung. Wer mehr sehen will, vielleicht auch vom Umfeld, in dem sich diese Figuren "bewegen": auf facebook findet ihr Lajos Péter Bulkai hier! Und wem noch die passenden Malutensilien fehlen: ich kaufe online bei Boesner, einem Händler für Künstlerbedarf mit 46 Niederlassungen in Europa. Da wird man als Modellbahner auch bei anderen Dingen fündig. Ich habe hier noch einige weitere Exponate von Lajos Peter aufgeführt und kommentiert, viel Spaß!

Kalle


Einsamer Angler mit Schnurbart


Sonnenanbeterin auf dem Steg am Wasser


Geschafft von des Tages Arbeit...


Einkauf mit dem Zwiebel-Porsche - die Schattierungen machen´s - kaum zu glauben: 1:87


Das passende Umfeld - allerdings wird die Klopapier-Rolle in Ungarn anscheinend anders montiert ;-)


Spinde in der Umkleide


Die Stiefel - DER HELLE WAHNSINN!


Der Flirt am Bahnhof mit schickem Käfer - also mit VW


Und? Hat doch geklappt!




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